Das Polendenkmal in Rapperswyl

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Das Polendenkmal in Rapperswyl

Im Schatten hoher Linden steht Polens Marmorstein
Und schaut, von Flor umschleiert, in’s Schweizerland hinein;
Die treue Kindesliebe schuf hier am Alpenrand
Ein Denkmal seiner Trauer dem armen Heimatland.

Die schwarze Marmorsäule, von Polens Geist bewacht,
Mahnt ernst an ein Verbrechen, schwarz, wie die schwarze Nacht.
Das Recht auf dieser Erde erlag durch Mörderhand,
Und schmerzlich ward zerrissen der Polen Vaterland.

Europa sah den Frevel – verhüll’ dein Angeficht –
Es sah die sterbenden Helden und kannte keine Pflicht,
Ja, dieser schwarze Felsblock, er spricht es klagend aus:
Europa ließ die Kinder ermorden im Vaterhaus!

Es lieh der heil’gen Sache nur leere Sympathie,
Schwieg jedoch feig und furchtsam zum Werk der Despotie.
Denn Keiner reichte den Helden die treue Bruderhand;
Man ließ Barbaren zertreten der Polen Vaterland.

Doch Polen ist nicht verloren, ob auch geknickt sein Glück,
Einst bringt die Morgenröthe der Freiheit Sonnenblick;
Dann stürzt der Thron des Czaren, vom Fluch der Polen erdrückt,
Und Polen erwacht im Grabe, vom Lenz der Freiheit beglückt.

F. Schn. 30. August 1868.

Neue Zürcher Zeitung, 7. September 1868, Nr. 249, S. 2. Online